Juni

02.06.2011- 08.06.2011 Lake Naivasha

Bevor wir die ungeliebte Stadt wieder verlassen, wollen wir unseren Bordstrom aufrüsten. Für diesen waren bislang drei Yellow-Top-Batterien zuständig, leider hat sich bei einem Ladetest gezeigt, dass zwei bereits tot sind. Daher haben wir die letzte an Bernd und Elke gegeben und rüsten nun mit eine 150 Ampere Säurebatterie nach. Auf guter Straße verlassen wir die Stadt und fahren gen Westen nach Naivasha. Vorbei an vielen Obst- und Gemüseverkäufern erreichen wir über den Transafrican Highway das Kedong Valley, welches einen atemberaubenden Ausblick über das Land bietet. Hier und da funkeln die Wellblechdächer in der Sonne, die dunkelrote Erde gibt einen tollen Kontrast zu dem saftigen Grün. In Naivasha finden wir eine neue Oase der Ruhe, das Fisherman´s Camp. Ein großes, grünes Areal mit altem Baumbestand direkt am See bietet ein angenehmes Klima und tolle Plätze für Hängematten. Die Tage vergehen wie im Fluge, wir stehen mit der Sonne auf und beobachten durch die Rücktür die wilden Spiele der Affenbande um die Mangoreste im Abfalleimer. Die Seitentür steht offen und wir bemerken erst in letzter Minute, wie sich einer der Affen auf unsere Bananen stürzt. Die Vogelwelt zeigt sich in unterschiedlichsten Klängen und Schönheiten, am Abend kommen die Hippos aus dem See an Land geschlichen, um direkt vor unserer Tür das Gras zu verspeisen. Ein Ort, an dem wir endlich mal abschalten können und bleiben... Natürlich nicht ganz untätig, schon am dritten Tag kommt Jonathan auf die Idee die Tachowelle einzubauen. Ich ziehe mich mit leiser Vorahnung aus der Nummer raus, indem ich mich um den Gastank kümmere, dessen Halterungen sich ebenfalls durch die Wellblechpisten gelöst haben. Zu spät wie sich herausstellt, da sich der Tank bereits durch die gelockerten Halterungen gedreht hat und dabei eine Leitung abgerissen ist. Kleiner aber ärgerlicher Schaden. Jonathan hingegen liegt also mal wieder unter der Lady um mal eben die Tachowelle zu wechseln. Meine Vorahnungen werden bestätigt, die ganze Nummer dauert statt einer Stunde zwei Tage, da neben der Kardanwelle auch die Handbremse abgenommen werden muss. Gut, dass ich eine Vorahnung hatte :-) An einem Nachmittag machen wir uns auf den Weg um die Straße zu erkunden. Ein ca. neun jähriger Junge in Schuluniform fängt uns in Höhe eines kleinen Straßenshops ab und fordert uns lediglich auf :“Go and buy for me cake in this shop!“ Mir fehlen die Worte. Ich starre ihn nur ungläubig an, unfähig zu einer solchen Geste etwas zu sagen. Im Nachhinein hätte ich ihn gerne gefragt, ob er sich in einer derartige Form auch an seine Landsleute wendet, die am See spazieren gehen und einen Taler mehr in der Tasche haben als er selbst...

In Kenia gibt es mehrere große Supermarktketten, die größte ist der Nakumatt. Hier bekommt man alles, von tiefgefrorenem Fleisch über Batterien und Schrankwände. Uns fällt mal wieder auf, dass es neben wenigen Produkten aus Kenia kaum afrikanische Produkte im Angebot gibt. Die Cornflakes kommen aus England, der Schmierkäse aus Indien, die Nutella aus Deutschland. Einige wenige Produkte aus Ägypten, der einzige Fairtraderohrzucker, von dem Kenia eine Menge zu bieten hat, ist aus Amerika importiert. Der Kauf unserer Batterie in einem Straßenladen bestätigt unsere Vermutung. Chloride Exide ist eine weltweit agierende Company. Wir bekommen eine Batterie angeboten, welche aus Korea importiert wurde. Beim Preisvergleich stellen wir fest, dass es durchaus auch nicht importierte Ware gibt, doch diese wird uns gar nicht erst angeboten. Welch ein verrückter Welthandel, da werden die Rohstoffe nach Korea gebracht, um Batterien für den afrikanischen Markt herzustellen. Doch viel schlimmer erscheint uns, dass die Afrikaner wie in diesem Fall ihr eigenes Produkt nicht einmal anbieten! Dass sich wenige Großkonzerne in Afrika ansiedeln, um Cornflakes hier im Land herzustellen, können wir aus unserer Sicht nur auf die Korruption schieben. Einige Geschichten, die uns auf der letzten Reise bereits begegnet sind, haben dies bestätigt.

08.06.-13.06.2011 Begegnungen

Wir stehen an der Straße und warten nur kurze Zeit, bis das nächste Matatu unseren Weg kreuzt. Auf ein Handzeichen hin hält es an, der Geldeintreiber springt aus der Hintertür und schiebt uns in das halbvoll besetzte Fahrzeug. Die Rosenfarmen ziehen an uns vorbei. Um den Lake Naivasha haben sich mittlerweile 54 Blumenfarmen angesiedelt, die 500.000 Menschen einen Arbeitsplatz bieten. Dementsprechend hat man das Gefühl, dass die Menschen diese Region recht gut situiert sein müssten. Doch genau hier leben die Menschen, die mit weniger als einem Dollar pro Tag leben, da die Dumpingpreise für den Exportmarkt gehalten werden müssen. Die Menschen haben keinerlei Absicherungen im Alter und bei Krankheit und vor allem haben sie keinerlei Gewissheit, wie lange sie diesen Job ausüben dürfen. Wenn der Blumenmarkt einbricht z.B. auf Grund einer Wirtschaftskrise, werden die Menschen auf die Straße gesetzt. Die Farmen bieten in vielen Fällen einfache Wohnräume mit Wasser und Strom, Schul- und Gesundheitsversorgung. Kleine Märkte säumen sich an den Wohnvierteln, Obst, Gemüse, Secondhandkleidung, billige Elektro- und Plastikware und Feuerholz werden von den im Schatten dösenden Verkäufern angeboten. Braucht man wie wir etwas ungewöhnlicheres wie einen Lichtschalter stellt dies auch kein Problem dar. Kurzerhand wird der Schalter eine Lampenhalterung abgeschnitten und uns für 30 Shilling angeboten. Das Matatu hält gefühlt alle vier Meter um neue Fahrgäste einzuladen, so dass der Platz immer enger wird. In Naivasha Town angekommen stürmen die Kleinverkäufer auf uns zu. Plastikschmuck, Lollis, Kekse, kaltes Wasser, warmer Yoghurt, Schuhe, Strümpfe, Krawatten, Hütte, Erdnüsse. Die Männer und Frauen versuchen jeden Tag ihre Artikel zu Preisen mit minimaler Gewinnspanne unter die Menschen zu bringen, begleitet mit dem Satz: „Promote me!“ Wir brauchen einen Drucker und ein Faxgerät und werden dank netter Hinweise schnell fündig. Im Internetcafé, welches mittlerweile eine Stunde Surfen für 30 Shilling anbietet, versuchen wir unser Glück. Der Besitzer stützt seinen schweren Kopf auf seiner linken Hand ab und versuch mit der rechten unseren USB-Stick in das Laufwerk seines recht neu wirkenden Computers zu stöpseln. Es dauert siebenundvierzig Mausklicks, bis er den USB-Stick auf seinem Bildschirm findet und öffnen kann. Müde reibt er sich die Augen und gähnt. Es scheint ihm nicht sonderlich wichtig zu sein, uns das für uns allerdings sehr wichtige Dokument auszudrucken, naja, eine große Gewinnspanne kann auch hier bei 10 Shilling pro Ausdruck nicht abfallen. Nach zehn Minuten Wartezeit in dem kleinen, stickigen und voll besetzten Internetcafé halten wir das Dokument in den Händen. Ein Faxgerät stellt auch kein Problem dar, gleich im nächsten Laden gegenüber. Doch 250 Shilling für eine Faxseite erscheint uns zu teuer und wir beschließen die Postvariante zu nehmen. Lächelnd verkauft uns die Frau mit dem Faxgerät Briefumschläge für 3 Shilling und bei der Post bekommen wir Briefmarken für 75 Shilling dazu. Ein guter Deal. An der Straße reihen sich Frauen, welche auf kleinen Tischen oder geflochtenen Bastmatten Mangos und Bananen verkaufen. Eine neben der anderen. Zielstrebig gehen wir auf eine unter den Bäumen im Schatten platzierte, dicke Frau zu und nehmen fünf Mangos und zehn Bananen. Auch sie scheint sich aus ihrer Konkurrenz überhaupt nichts zu machen und lässt sich nicht im geringsten anmerken, dass es für sie eine Bedeutung hat, ob wir ihre Mangos kaufen oder die der anderen Frauen. Nahezu gelangweilt nennt sie uns den hier üblichen Preis von 20 Shilling pro Mango und 5 Shilling pro Banane. Als wir einwilligen steckt sie die von uns ausgesuchte Ware in eine Plastiktüte, nimmt das Geld und sucht in ihrer Plastiktüte nach Wechselmünzen. Naivasha hat knapp 20.000 Einwohner und ist das Versorgungszentrum einer wirtschaftlich durch den See und die damit verbundenen großen Blumen-und Gemüsefarmen, welche allerdings überwiegend in europäischen Besitz sind, arbeitsplatztechnisch eine gut situierten Gegend. Die Stadt wächst und wächst, die Infrastruktur leider nicht mit. Durch zwei kleine angrenzende Nationalparks und das gute Klima ist dieser Ort auch für Touristen attraktiv. Dem Green Crater Lake, einem See in einem kleinen Vulkan, statten auch wir einen Besuch ab. Per Matatu lassen wir uns bis zur Kreuzung bringen, ab hier fahren nur noch Motorräder, da die Straße schlecht wird. Wir handeln den Preis mit allerlei Sprüchen, Tricks und Gelächter aus und schwingen uns jeweils hinter den Fahrer. Zebras, Warzenschweine und Gazellen kreuzen unseren Weg auf den nächsten 14 Kilometern. Zu Fuß machen wir uns dann auf den Weg, den Park und den See zu erkunden. Eine tolle Landschaft, welche durch die ungemeine Ruhe besonderen Reiz hat. Der Kellner einer am See angrenzenden Lodge bringt uns zwei kalte Tusker und zählt die im Park beherbergten Tiere auf. Giraffen, Zebras und Gazellen sind für ihn keine Besonderheit und als in seiner Aufzählung Büffel und Leoparden vorkommen und unsere Augen immer größer werden fängt er an zu lachen. Es sei kein Problem, zu Fuß an einem Leoparden vorbeizugehen, meint er. Nur wenn er schläft, solle man ihn auch schlafen lassen. Wir treffen zum Glück weder einen wachen noch einen schlafenden Leoparden...

Am Abend lernen wir einen schwedischen Botschafter kennen. Mit ihm tauschen wir neben dem Lobgesang auf die schwedischen Militärfahrzeuge auch die derzeitige politische Situation in Kenia aus. Er erzählt, dass die nach den Wahlunruhen 2008 entstandenen IDP-Camps teilweise noch immer bestehen, die Menschen anfangen die Zeltstadt in Lehmhäuser zu verwandeln und somit neue Städte kreieren. Hier viele NGOs angesiedelt sind, die versuchen mit internationalen Geldern die Lebensbedingungen zu verbessern. Seiner Meinung nach verfestigt sich dadurch die Situation, die Regierung braucht keine Maßnahmen zu ergreifen um die Menschen zurück zu siedeln und die Menschen haben keinen Grund zu gehen, da das Leben vielleicht sogar angenehmer ist als vorher. Wohin auch, ihr altes Haus wird nicht mehr existieren bzw. ist bereits wie der alte Arbeitsplatz von anderen besetzt worden. Nach vier Jahren Campleben hat sich hier eine neue Community gegründet, wo eigentlich niemand weiß, wohin mit ihr. Denn das Land, auf dem sie sich jetzt niedergelassen haben, gehört ihnen nicht und ist dazu kaum zu bewirtschaften. Somit sind die Menschen abhängig von dem, was Hilfsorganisationen bieten können. Wir nehmen uns vor, das an Naivasha angrenzende Camp zu besuchen und zu versuchen, die Arbeit einer dort ansässigen Hilfsorganisation zu porträtieren.

15.06.2011-18.06.2011 Trennung

Am Geburtstag meiner Mutter werden Jonathan und ich uns trennen. Ich werde für einige Tage nach Lessos, einem kleinen Dorf in der Nähe von Eldoret fahren, um hier die ehemalige Projektleiterin der von dem VfgJ aufgebauten Maternity in Kaplomboi, Sister Gracia zu treffen. Sister Gracia wurde im März von Kaplomboi nach Lessos versetzt und eine andere Sister hat ihren Platz in Kaplomboi eingenommen. Jonathan hat für diese Woche die ersten Interviews mit Arbeitern von Blumenfarmen, um die Recherchen für seine Magisterarbeit voranzubringen. So schnalle ich mir nach einem - viel länger als üblichen - Frühstück den Rucksack auf den Rücken und mache mich alleine auf den Weg zur Straße. Ein komisches Gefühl beschleicht mich, die beiden (Jonathan und die Lady) hier alleine zu lassen. Ich bin schon oft alleine mit Matatus quer durch Kenia gefahren, doch diese Art der gerade einsetzenden Einsamkeit ist mir fremd... Ich stehe also an der Straße und halte das nächste Matatu an, wie immer. Ich bezahle 80 Shilling und fahre bis in die Stadt. Hier muss ich das Fahrzeug wechseln und begehe wie eine Anfängerin einen Fehler nach dem anderen. Ich muss über mich selber lachen, als ich erfahre, dass mir gerade 200 Shilling zu viel abgenommen worden sind. Mein sonst so ausgeprägtes „Verhandlungsselbstbewußtsein“ scheint ohne Jonathan an der Seite irgendwie gedämmt, ich verlasse mich auf den Preis, der mir von der Männertraube um mich herum diktiert wird, die mich aufdringlich in das Matatu nach Nakuru schiebt. In Nakuru bugsiere ich meinen Rucksack in das schon fast voll besetzte Auto gen Kapsabet und wir erreichen nach vierstündiger Fahrt die Abzweigung nach Lessos. Sister Gracia erwartet mich bereits und wir fahren weiter per Taxi um den Convent zu erreichen. Mit Tee, Popcorn und frisch gerösteten Erdnüssen werde ich willkommen geheißen. Gracia erzählt von ihrer Verabschiedung in Kaplomboi und dass die Community sich sträubt, die neue Sister anzunehmen, die Maternity seit Gracias Weggang nicht mehr besucht wird. Ich verstehe wie viele andere die Idee des Franziskaner-Ordens nicht, dass die Schwestern immer wieder an andere Orte gesandt werden. Gracia hat es mit viel Kraft in Kaplomboi geschafft, ein großartiges Projekt aufzubauen. Zu dem Zeitpunkt, wo das Projekt anfängt sich zu etablieren, wird sie versetzt und muss hier einen ebenfalls völlig verlassenen Ort wieder neu aufbauen. Eine neue Sister übernimmt ihr Projekt, und das, wo wir auf unserer letzten Reise gesehen haben, wie schädlich der ständige Personalwechsel für ein Projekt sein kann (nicht muss). Gracia sagt dazu nur : „Es ist Gottes Wille, dem werde ich folgen.“ Ich sehe in ihren Augen allerdings schon einen Funken von Frustration und Mutlosigkeit, aus einer Community gerissen zu werden, die sie sehr geschätzt und für die sie sehr viel getan hat und nun vor einer neuen Herausforderung zu stehen, der sie sich kräftemäßig noch nicht wieder gewachsen fühlen kann. Aber vielleicht ist genau dies das Argument der Kirche, die Sisters immer wieder zu versetzten. Sie sollen keine Heimatgefühle entwickeln und der Kontakt zur Community soll nicht zu eng werden. Was Jonathan so in diesen Tagen treibt, weiß ich nicht. Wir haben nur ein Telefon und so können wir nicht kommunizieren, was die Trennung nicht einfacher werden lässt. Als ich zurückkomme erzählt er, dass er jeden Tag in der Kneipe vom Fishermanns Camp war, teuer gegessen und viel Bier getrunken hat (…). Das hätte ich an seiner Stelle auch so gemacht Seine Interviews waren sehr aufschlussreich und haben wieder neue, tiefer gehende Fragen aufgeworfen. Ach ja, der Abfahrtstag aus Lessos. Ein Samstag. Ich gebe am Abend zuvor an, dass ich um spätestens um neun Uhr aufbrechen und kein frittiertes Huhn zum Frühstück essen möchte, sondern lediglich Brot und Tee. Am Morgen steht frittiertes Huhn mit Kartoffelbrei vor mir. Ich werde gefragt, ob ich nicht zusammen mit der Lehrereinheit nach Naivasha fahren möchte. Diese fährt um 9.30 Uhr mit einem großen Reisebus ab Kapsabet über Naivasha Richtung Mombasa und es sind noch Plätze frei. Ich willige nach der vorherigen, vehementen Ablehnung des frittierten Gockels vor mir, ein. Wieder ein Anfängerfehler. Um 9.30 Uhr hat sich die Sister, die ebenfalls in diesem Bus sitzen soll, gerade mal die Zähne geputzt und möchte noch ein schnelles Bad nehmen. Ich warte geduldig. Eine Stunde. Danach nur noch ein kurzes Frühstück, Brot und Tee. Ich werde ungeduldig, blättere erneut in der Zeitung, die sich über die kenianische Steuerpolitik erbost und die einzelnen Politiker mit ihren Jahresgehältern vorstellt, auf die bislang keine Steuern erhoben werden. Um 11 Uhr verlassen wir das Haus und fahren Richtung Lessos, hier soll uns der Bus einsammeln. Dort angekommen werden Telefonverbindungen hergestellt, die uns dann doch nach Kabsabet berufen, da der Bus noch gar nicht abfahrbereit ist. 30 Kilometer Umweg. Ich überlege in ein Matatu umzusteigen, doch lasse mich überreden, bis Kapsabet mitzukommen, der Bus fährt schon gleich ab. Noch ein Anfängerfehler. In Kabsabet angekommen heißt es nur, dass noch einige Leute fehlen... Das nächste Matatu Richtung Naivasha braucht knappe zwei Stunden, bis genug Passagiere zur Abfahrt zusammengekommen sind. Ich warte mehr ungeduldig als geduldig, möchte nicht in die Dunkelheit kommen und es ist bereits halb zwei.

Um 17.58 Uhr erreiche ich das Fishermann´s Camp in Naivasha. Um 18.34 geht hier die Sonne unter. Jonathan wartet bereits mit einer Soja-Gemüsepfanne, Bratkartoffeln und kaltem Tusker. Wir fallen uns in die Arme und gestehen uns ein, dass das mit der „Trennung“ wirklich eine blöde Idee war...

19.06.2011 Dirty 14 Falls

Jonathan hat einen positiven Bescheid der Penta-Farm in Thika bekommen, einer seit 2003 Fairtrade zertifizierten Blumenfarm mit 1200 Mitarbeitern. Dort gibt es in der kommenden Woche eine Recherche der FLO, der wir uns anschließen können. Da sagen wir nicht nein und machen uns schon heute auf den Weg um noch bei den legendären 14 Falls in Thika vorbeizuschauen. Der Motor der Lady schnurrt und wir nehmen mal wieder Abkürzungen und nicht die Hauptstraße. Nach „Asphaltschlaglochpisten“ und dreckigen Kleinstädten folgt feuchter Regenwald. Männer schieben ihre mit Feuerholz beladenen Fahrräder die kurvenreiche Straße entlang, grüßen mit breitem Lachen. Der Wald scheint in den letzten zwanzig Jahren immer wieder neu mit Nadelwald aufgeforstet worden zu sein, überhaupt scheint uns das Bewusstsein für Aufforstung verbreitet, denn an vielen Straßenecken sieht man „Tree Nursery´s“, an denen kleine Bäume erworben werden können. Nach dem Regenwald folgen giftgrüne Teeplantagen, die dann leider doch ein weitaus größeres Feld ausmachen als das vorherige Waldgebiet. Wir streifen die Industriestadt Thika und erreichen die 14 Falls. Natürlich kostet es auch an diesem Ort Geld, um die Landschaft genießen zu können, die am Ende gar nicht zu genießen ist. Der Personeneintritt entspricht vier, ein Fotoapparat fünf und eine Kamera gar 10 US-Dollar! Wir zahlen lediglich die Personengebühr und geben auf Nachfrage der Abzocker an, dass unsere Kamera gestohlen wurde. Wir parken die Lady in der Sonne um unsere Solarzelle zu fordern und werden sogleich umringt von zehn jungen Männern, die uns eine Bootstour, ein individuelles Foto von uns an den Wasserfällen oder eine Cola andrehen wollen. Hart wimmeln wir die Männer ab und machen unsere eigene Entdeckungstour. Was wir sehen ist traurig. Dieser Ort könnte ein wirklich schöner sein, doch verdirbt der achtlos auf den Boden und in den Busch entsorgte Müll das Klima und die Idylle. Jeder Zweite hier versucht ein Geschäft mit Kleinigkeiten zu machen - Schmuckverkauf, Snackangeboten, Tourguiding. Und niemand kümmert sich um die Müllentsorgung. Die Wasserfälle sind spektakulär, doch der Geruch nach altem Waschmittel und der vom reißendem Fluss mit geschwemmte Schaum verdirbt auch den letzten Blick. Am nächsten Morgen wird meine Frage, wo ich denn unseren Müll entsorgen könne mit „Just throw it in the bush“ beantwortet und mir platzt fast der Kragen auf Grund der unglaublichen Ignoranz.

20.-25.06.2011 Penta Flowerfarm in Thika

Wir verbringen eine spannende Woche in der Penta Flowerfarm in Thika. Hierzu ein umfangreicher Bericht von Jonathan. Wir können mit der Lady direkt in der Farm campen. Mitte der Woche geht uns das Kochgas aus. In Thika finden wir nach einigen Versuchen einen Menschen, der überhaupt kein Problem sieht, unsere Flasche zu befüllen. Wir weisen ihn darauf hin, dass die Anschlüsse nicht identisch sind mit denen der kenianischen Gasflasche. Kein Problem. An jeder Ecke können Flaschen getauscht, aber nicht befüllt werden, dies wird hier, im Gegensatz zu allen bisher bereisten Ländern, nur in den Großkonzernen gemacht. Wir übergeben die Flasche und sind gespannt auf das Ergebnis. Uns bleibt nichts anderes übrig, als eine warme Mahlzeit in einem Pub einzunehmen, auch gut, so kommen wir mal wieder in den Genuss der afrikanischen Küche. Wir bestellen Chicken und Chips, Ugali und Skumawiki. Wir warten, bestellen für diese Zeit kaltes Bier. Und warten. Beobachten eine Gruppe Afrikaner, die sich über die Politik echauffieren, junge Frauen die sich lächelnd anbieten, ein junger Mann torkelt aus der Tür und erbricht sich, zum Glück zu einem Zeitpunkt, an dem wir bereits gehen. Ein paar wenige Gäste genießen den frühen Freitagabend und sind bereits vor der einbrechenden Dunkelheit sturzbetrunken. Wir begleichen die doch recht saftige Rechnung ohne Trinkgeld, was bei dem Kellner, der uns im Rausgehen bittet: „Buy one Soda for me!“ nicht gut ankommt. Drei Tage müssen wir ohne Kochgas auskommen, sprich ohne Kaffee am Morgen und kalter Mahlzeit am Abend. Denn am folgenden Tag nach Flaschenabgabe gesteht der Mann uns, dass es doch gar nicht so einfach ist wie gedacht, da die Verschlüsse ja nicht die gleichen sind wie die kenianischen. Ach... Am Samstag, unserem Abfahrtstag aus Thika,hören wir nur am Telefon: „I am on the way!“ Er ist gerade dabei, einen Adapter bauen zu lassen, dann muss er nur noch die Flasche befüllen lassen. 30 Minuten. Wir warten. Stellen den Zündverteiler neu ein, da wir ein recht schlechtes Benzingemisch erwischt haben müssen. Und warten. Nach einer Stunde rufe ich ihn erneut an. „ Yes, am on the way comming!“ Wir lesen. Und warten. Die Uhrzeiger schleichen und sind mittlerweile bei 15 Uhr angekommen, abgemacht war, dass wir die Flasche gegen 9 Uhr abholen können. Ein erneuter Anruf, er mittlerweile kleinlaut. Nach drei Stunden taucht er auf und will von uns 2.000 KSH (ca. 18 Euro) für einen Adapter haben und 1.000 KSH für eine halbvolle Gasflasche, mehr als vier Kg ging angeblich nicht in die Flasche. Ich bin nicht nur wegen der Wartezeit ein wenig wütend, sondern auch, weil er immer wieder ein „only“ vor die absurde Geldsumme die er verlangt setzt. Nach langem hin und her nehmen wir ihm seinen überteuerten Adapter nicht ab, zahlen den Gaspreis und fahren. In Naivasha angekommen stellen wir fest, dass er bei seinen zahlreichen Füllversuchen die Flasche kaputt gespielt hat, der Verschluss ist undicht.

Die folgende Nacht dann die unentspannteste seit unserer Rückkehr zur Lady. Jonathan krümmt sich und wirft sich vor Bauchkrämpfen und Übelkeit wie ein Grillhähnchen von einer Seite auf die andere. Das allein wäre noch zu kompensieren gewesen, das Sahnehäupchen bietet die schlechte Livemusik und die damit einhergehende große Party auf dem Nachbargrundstück.